Das Ziel beim Teileistungstraining ist den Ursachen von Lernschwierigkeiten auf den Grund bzw. auf „die Wurzel“ zu gehen. Das, was wir an SchülerInnen beobachten können, gleicht der Krone eines Baumes (siehe Abb. 1). Diese nimmt je nach Entwicklungsstand, Fähigkeit, Fertigkeit und Verhaltensweise des Schülers/ der Schülerin verschiedene Formen (Grundmuster) an, die dem Altersabschnitt entsprechend zu erwarten sind. Für eine möglichst gute Ausprägung der Krone ist es, der Analogie zum Baum entsprechend, notwendig, dass sich die Teilleistungsbereiche des Menschen, die dem Stamm und der Wurzel des Baumes entsprechen, gut entwickeln. Und genau an dieser Stelle setzt das Teilleistungstraining an.
Abbildung 1 Abbildung 2
Dazu ein Beispiel aus dem Schulalltag eines Schülers/ einer Schülerin:
〉SchülerIn schreibt eine Ansage
Welche Teilleistungen sind notwendig, damit diese Aufgabe gemeistert wird?
Damit das Angesagte tatsächlich richtig geschrieben im Heft steht, muss ein ganzes Netzwerk an Teilleistungen zusammenarbeiten. Nur wenn es dem/ der SchülerIn gelingt, all diese Teilleistungen zu vollbringen, wird das Angesagte richtig auf dem Papier stehen.
I. Auditive Aufmerksamkeit:
Die SchülerIn muss der Lehrperson zuhören und darf sich nicht von den anderen Geräuschen ablenken lassen, die gleichzeitig auf das Ohr treffen.
II. Auditives Gedächtnis:
Die SchülerIn muss den Satz, den die Lehrperson angesagt hat, kurz im Gedächtnis behalten.
III. Fähigkeit zur auditiven Gliederung oder die phonologische Bewusstheit:
Die SchülerIn muss die Wörter in die einzelnen Laute zergliedern und „auseinanderhören“ aus welchen Lauten die Wörter bestehen.
I. Auditive Differenzierung:
Die SchülerIn muss diese herausisolierten Laute von anderen, die ähnlich klingen, unterscheiden. Es darf also nicht o und u, b und p, d und t, g und k, lange und kurze Vokale miteinander verwechseln.
V. Visuelle Differenzierung und Raumorientierung:
Die SchülerIn muss die richtige Buchstabengestalt zu dem Laut finden und sich mithilfe seines visuellen Gedächtnisses erinnern, wie die Buchstaben aussehen. Beim Erinnern der richtigen Buchstabengestalt muss darauf geachtet werden, dass ähnlich aussehende Buchstaben nicht miteinander verwechselt werden, wie zum Beispiel d und b, n und m, u und n, ei und ie usw. Die Raumorientierung ist wichtig, da manche Buchstaben ja dieselbe Figur sind, aber sich nur in ihrer Raumlage unterscheiden, wie zum Beispiel u und n, b und d und p und q.
VI. Intermodalität:
Um das Angesagte aufzuschreiben wird mithilfe der Intermodalität nun der gehörte Laut mit dem passenden Buchstaben verknüpft. Danach wird durch Steuerung der Hand und Finger eine Schreibbewegung durchgeführt und diese Bewegung mit Augen überprüft. Dieser Prozess ist nur durch eine Verknüpfung unterschiedlicher Sinnesgebiete miteinander möglich.
VII. Serialität (Fähigkeit, Reihenfolgen richtig wahrzunehmen, zu speichern und wiederzugeben):
Die SchülerIn darf die Reihenfolge der Laute und der Buchstaben nicht durcheinanderbringen und auch kein Einzelteil aus dieser Serie verlieren.
Analog zu diesem Beispiel wird diese enge Zusammenarbeit von zahlreichen Teilleistungen auch beim Lesen und Rechnen erforderlich. Ist eine Teilleistung schwächer entwickelt, bekommt das Kind Schwierigkeiten (siehe Abb. 2).
(Quelle: Vereinszeitung des Kinderhilfswerks 03/2012)
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